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15. August 2022
Tag 1:   Ankunft in Winterberg 

 

 So lange war diese Tour schon geplant, aber…

15. August 2022, Tag 1
Bericht  vom Tag, Teil 1
Ankunft in Winterberg, mit dem IC bis Dortmund, angenehm leer, ruhig und sogar fast pünktlich. Dann umsteigen in den RE 57 nach Winterberg. Proppenvoll, viele Fahrräder. Unterwegs habe ich schon einige der Stationen gesehen, bei denen ich vorbeikommen werde, und ab und zu einen Blick auf die Ruhr und den Radweg werfen können. Die Vorfreude wächst. Ankunft in Winterberg, überpünktlich, Nieselregen.

15. August 2022, Tag 1
Bericht  vom Tag, Teil 2
Winterberg wurde um das Jahr 1240 gegründet und es trägt seinen Namen zu recht: Es ist bergig, auch im Ort.. Gefühlt hat der Ort mehr Gäste- als private Betten und den Skizirkus im Winter mag ich mir erst gar nicht vorstellen. Zurzeit ist jedenfalls alles fest in holländischer Hand, auch die Speisekarten und ihr Angebot. Kommt mir alles irgendwie bekannt vor… Wat mooi!!!

Ansonsten ist es hier schnuckelig und die Menschen sind echt freundlich. Die Häuser tragen Schieferkleider und Balken auf den Dächern gegen herabstürzende Schneebretter.

Mein Zimmerchen ist auch schnuckelig, nach hinten raus, mit Blick über das Tal auf den Kahlen Asten und die Bobbahn, den so berühmten „Eiskanal“ von Winterberg. Aus sicherer Entfernung gut anzusehen, wie der sich da so am Berg runterschlänget…
Hier in Winterberg ist der Start des Ruhrtal-Radweges. Er führt immer an der Ruhr entlang, bis Duisburg, rd. 240 km lang, mein Weg dieses Jahr.

15. August 2022, Tag 1
Bericht  vom Tag, Teil 3

Und dann war mir nach Laufen, einem Aufgalopp, zum Warmwerden. Also auf zur Ruhrquelle. Welche Enttäuschung! Ausgetrocknet! Es wird wirklich höchste Zeit, dass es regnet. Morgen, wenn es weiter flussabwärts geht, wird die Ruhr „gefüttert“: Neger, Valme und Henne kommen bald und am Sonntag die Möhne. Genau, die mit der gleichnamigen Talsperre. Da will ich auch hin.

Aber morgen erst einmal nach Olsberg, rd. 20 km. Ich will früh los…

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16. August 2022
Tag 2:   von Winterberg nach Olsberg

Heute war es vormittags waaaaaahm und nachmittags zusätzlich schwül. Puh.

Winterberg steht für Winter und Sport, jede Art von Sport: von paintball bis indoor Spielplatz für die Kids, von gocart bis Rodeln, von Schlitten fahren über Ski laufen bis Bob fahren und Ski springen. Alles ist an einem reizenden Brunnen am Marktplatz in kleinen Figuren verewigt. Auch ein Wanderer steht dabei.

Sieht man dann am Rand des Ortes die Sportstätten, die breiten Zufahrtswege, die riesigen Parkplätze und die viele Gastronomie, dann sieht man jetzt: NICHTS. Denn alles, aber auch einfach alles ist im Sommerschlaf oder einfach nicht da. Das alles hat mich aus dem Ort hinaus begleitet, Richtung Olsberg. 

16. August 2022, Tag 2
Bericht  vom Tag, Teil 1
Interessanter Zwischenstopp war das „Rosendorf“ Assinghausen, hoch mit Gold dekoriert beim Wettbewerb „unser Dorf soll schöner werden“. Das ist sooo schnuckelig da. Die meisten Häuser sind sowieso alt, aus Fachwerk und mit klugen Sprüchen dekoriert. Und dann erst die Rosen!!! In jedem Garten und Vorgarten blühen sie, überall andere Sorten und über dem ganzen Dörfchen liegt ein schwerer Rosenduft. Unbeschreiblich.

16. August 2022, Tag 2
Bericht  vom Tag, Teil 2
Und weiter ging’s, immer an der Ruhr entlang. Inzwischen hat die Ruhr so viel Wasser, dass man sie getrost „Flüsschen“ nennen kann. Und gegen Mittag habe ich kurz vor Olsberg den ersten der vielen Stauseen an der Ruhr passiert. Auch er hat durch die Wärme der letzten Zeit mit verstärktem Algen- und sonstigem Bewuchs zu tun. Aber schön ist er trotzdem.

16. August 2022, Tag 2
Bericht  vom Tag, Teil 3
Und wieder weiter, zum Ziel, nach Olsberg. Hier habe ich meinen zweiten Stempel in den Ruhetag-Reisepass bekommen. Da soll auch mal was draus werden. Schau’n wir mal.

Olsberg ist ganz anders als Winterberg. Es ist städtischer, die Häuser sind nicht verschiefert und hier steppt vergleichsweise der Bär. Und hier steht auch nicht der Winter im Mittelpunkt, sondern die Lehren von Pfarrer Kneipp. Sein Konterfei steht überlebensgroß und in verschiedenen Farben an einigen Punkten in der Stadt, vor allem am und im Kurpark. Der ist sehr ansprechend unter diesem Gesichtspunkt neu gestaltet worden. Nicht nur in den Nebenbächen der Ruhr, nein, auch in der Ruhr selbst, kann man kostenlos kneipen. Es gibt sichere Zugänge und im Wasser Geländer, an denen man sich beim Wassertreten festhalten kann. Macht echt Laune.

Und es heißt übrigens DIE Neger, nicht der Neger, jedenfalls der kleine Nebenfluss der Ruhr. 
Morgen geht es da weiter, nach Meschede.


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17. August 2022
Tag 3:   von Olsberg nach Meschede

Seit gestern Mittag habe ich wieder das Gefühl für die Karte, wie weit ich ungefähr bin und wann in etwa die nächste Abzweigung kommen muss. Der Wander“zopf“ gelang heute morgen auch schon auf Anhieb und die Beine laufen von alleine. Kurzum: Ich bin wieder im Trott. Nur das Rucksack einpacken muss noch besser werden…

17. August 2022, Tag 3
Bericht  vom Tag, Teil 1
Heute ging es wirklich den ganzen Tag fast immer in Reich- oder Hörweite an der Ruhr vorbei. Dabei ist mir bewusst geworden, welcher Wirtschaftsfaktor die Ruhr Jahrhunderte lang war und und welche Bedeutung sie heute noch hat. Auf den wenigen Kilometern heute bin ich an nicht weniger als fünf Staustufen, Wehren oder ähnlichem vorbeigekommen. Und eine ganze Reihe von Hinweisschildern erzählt von ehemaligen Mühlen usw. 

Das für zwischen 14 und 16 Uhr angekündigte Gewitter hat mir Beine gemacht - und blieb dann aus. Schade. Die Natur hätte sich über den Regen gefreut und ich über die Abkühlung.

17. August 2022, Tag 3
Bericht  vom Tag, Teil 2
Heutzutage wird an der Ruhr und im Pott aber nicht mehr nur „malocht“. Es wird auch Kunst gemacht. Unter dem Titel AufRuhr gibt andere Kunst. Das obere Ruhrtal und seine Verbindung zwischen Natur- und Kulturlandschaft zeigt sie unter dem Titel „Wandel durch Kultur, Kultur durch Wandel“. An einigen Installationen kam ich heute vorbei, so z.B. an einer Gruppe von Holzskulpturen, in 2010 aus Balken von Sauerländer Fachwerkhäusern geschaffen. Titel: Sauerländer Kantenköppe. Ich dachte direkt: Osterinseln im Sauerland. Spaßig. 
Und dann ist da noch die Aktion „Bodenkunstwerk Rekultivierung“. Der Künstler Ernst Köster aus Meschede hat auf dem gedachten Grundriss eines Barockgartens mit Beton und drei Apfelbäumen diesen Wandel nachvollzogen. Und das Konzept ist aufgegangen. Die Apfelbäume gediehen prächtig - wie man sieht.
Und auch an Teilen der großformatigen Schriftinstallation „Annettes Vermächtnis“, die er zusammen mit Annette Klinke im Gedenken an die Ruhrreise von Annette von Droste-Hülshoff geschaffen hat, habe ich schmunzelnd gestanden. So etwas sieht man alles vom Rad aus nicht…

17. August 2022, Tag 3
Bericht  vom Tag, Teil 3
Heute also Meschede. Noch um einiges größer als Olsberg und auch deutlich hektischer, lauter, mehr Leute, mehr Verkehr. Aber es liegt genauso direkt an der Ruhr. Und ein höchst munterer Nebenfluss ist die Lenne, die mitten durch den Ort fließt und den Bewohnern oft nasse Füße bescherte. Abhilfe sollte eine Talsperre bringen, die zwischen 1901 und 1905 erbaut wurde. Hat aber leider nicht so ganz geklappt. Die neue Staumauer hält dagegen dicht. Und da hinauf führt eine Stahltreppe mit 333 Stufen: die „Himmelstreppe“. Die habe ich mir dann zum Endspurt aufgehoben. Der Blick von da oben über den See und die Treppe runter hat sich gelohnt…
Morgen wird es gemütlicher, nur bis Freienohl.


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18. August 2022
Tag 4:   von Meschede nach Freienohl

Seit heute habe ich keinen Wochentag mehr. Ich musste nachsehen, was wir heute für einen Tag haben. Ich glaube, das nennt man Erholung.

18. August 2022, Tag 4
Bericht  vom Tag, Teil 1
Wer meint, dass ein Weg an einem Fluss entlang immer abwärts geht, der irrt, und zwar gewaltig. Zumindest an der Ruhr. Zu Anfang ist das Tal schmal. Die Talsohle ist häufig morastig und den schmalen Rest teilt sich die Ruhr mit dem Zug und der Straße. Da bleiben für die Rad- und Wanderwege nur die Hänge rechts und links. Und dann muss man der Topographie folgen: Es geht rauf und runter, rechts rum, links rum usw. Nicht lustig, anstrengend. Aber noch weniger lustig ist es, wenn der Weg den ganzen Tag schnurgerade und dicht an der Straße vorbeigeht. Ist halt ein Radweg und kein „Premium“Wanderweg. Dann doch lieber am Hang und …

Aber alles auf der Welt, und sei es noch so schlecht, hat eine gute Seite: So hatte ich heute gefahrlos die Möglichkeit, nach rechts und links zu schauen und „Seitensprünge“ zu machen. Als erstes kam ich am Wasserschloss Laer (siehe Foto) vorbei. Es ist in Privatbesitz, aber einen Blick habe ich dann doch riskiert, auch mal ganz schnell in die Kapelle, zauberhaft. Das hochherrschaftliche Insektenhotel, draußen vor der Tür, ist vom Feinsten und direkt mit passendem Vorgarten ausgestattet. Auf einer Tafel steht, wer wo wohnt. Sehr aufschlussreich!

Dann weiter Richtung Freienohl. Die nächste Station war das Rittergut Stockhausen, seit 997 bekannt, mit historischem Treppengiebel am Herrenhaus und bestens erhalten. Es wird heutzutage einschließlich der neugotischen, reizenden Kapelle für private Feiern vermietet. Da stehen im Sommer wahrscheinlich die Brautpaare Schlange…

18. August 2022, Tag 4
Bericht  vom Tag, Teil 2
Und weiter, immer geradeaus. Mein Blick fiel rechts auf die Hänge, kurz unterhalb der A 46, auf eine Solaranlage. Da an den Hängen, wo sonst die Tannenbäumchen für uns Kölner wachsen, zieht sich in mehreren Teilen eine riesige Solaranlage von Stockhausen bis Wennemen hin. Wer der Investor und wer der Betreiber ist, habe ich nicht herausfinden können. Und wenn auch die heimische Bevölkerung nicht begeistert scheint - was man so in der Presse liest - ich finde es gut und vor allem nachhaltig.

Eine andere Aktion, die mir unterwegs ins Auge stach, finde ich auch sehr gut und nachhaltig. In  Wennemer haben im vorigen Sommer die Kids in den Ferien alte Fahrräder - also richtigen Schrott - eingesammelt, farbig lackiert und überall im Dorf und am Radweg aufgestellt. Auf den Gepäckständer kam ein Korb mit Blumen drin und fertig. Einfach zauberhaft. 

18. August 2022, Tag 4
Bericht  vom Tag, Teil 3
Und am Ende dann bis Freienohl. Das Örtchen wird dieses Jahr 750 Jahre alt und veranstaltet eine Riesenparty mit allem vor und zurück.

Vor dem Ort macht die Ruhr eine große Kurve und teilt so den Ort in eine Ober- und eine Unterstadt. Dazwischen liegt ein Berg, na ja, ein Hügel. Mensch und Ruhr müssen außenrum resp. drüber. Der Bahn wurde ein über 600 m langer Tunnel gegraben. 

Der Ort selbst ist eine interessante Mischung zwischen Schiefer und Fachwerk. Das Tal der Ruhr wird breiter und der vorherrschende Baustil ändert sich. Morgen in Arnsberg hoffe ich auf Fachwerkromantik und es soll verhext werden…

Jetzt setze ich mich noch etwas auf meine Terrasse, sticke und werfe ab und zu einen Blick übers Tal und den Küppelturm hoch oben auf dem Berg gegenüber. 


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19. August 2022
Tag 5:   von Freienohl nach Arnsberg

Heute war alles nach meinem Geschmack, der Weg und das Wetter. Und der Sonnenaufgang war ein Träumchen. 


Zuerst möchte ich noch etwas anmerken, unbezahlte Werbung machen, aber es ist mir ein unbedingtes Bedürfnis. Von gestern auf heute habe ich im Hotel Luckai in Freienohl übernachtet. Ich kann mich nicht erinnern, dass auf all meinen Reisen mich jemand so freundlich verwöhnt und so geduldig und verständnisvoll für meine persönlichen Bedürfnisse gesorgt hätte. Unbedingt empfehlenswert! Dickes Lob und nochmals danke!
www.hotel-luckai.de

19. August 2022, Tag 5
Bericht  vom Tag, Teil 1
Vom Hotel aus war ich sehr schnell wieder auf dem Weg zurück. Und schon bald begegnete ich auch heute wieder Kunst. Am Zaun zum ortsansässigen Sportflugplatz in Oeventrop bilden 20 Stühle seit 2015 die „Stuhlgalerie“. Das Ganze ist eine Erinnerung an die drei Stuhlfabriken „Sauerländische Stuhlfabrik“, „Oeventroper Stuhlfabrik“ und „Germania“, die von 1913 bis rund 1960 in Oeventrop tätig waren und sich dann der osteuropäischen Konkurrenz beugen und in Konkurs gehen mussten.

Diese Stühle sind überaus vielseitig gestaltet, erinnern mal an weltbekannte Künstler, mal an naive Kunst. Und was mich am meisten begeistert hat: Da wird nichts zerstört, geklaut oder mit weiterer Farbe bematscht. In Köln würde das keine Woche so stehen…

Einige Ecken weiter ging die Open air-Galerie weiter mit verschiedenen anderen Arbeiten, mal amüsant, mal sollen sie zum Nachdenken anregen. Und das klappt.

Am Ende von diesem Ort stand ich unvermittelt vor der ehemaligen Ruhrbrüche. Was das Hochwasser auch an der Ruhr auf breiter Front für Schäden verursacht hat, konnte ich da aus nächster Nähe sehen. Erschreckend.

19. August 2022, Tag 5
Bericht  vom Tag, Teil 2
Von da aus ging es in einem großen, großen Bogen hinein nach Arnsberg.

Arnsberg ist wie Freienohl auch in eine Ober- und Unterstadt geteilt. Allerdings ist es in Arnsberg anders. Angefangen hat es ganz oben, auf der höchsten Stelle des Bergs, strategisch bestens gelegen. Und da war eine ganze Reihe verschiedener Herren.

Es begann im 11. Jhd. mit den Grafen von Werl und einer ersten Burg. Bis rd. 1200 entstand ringsherum die heutige Oberstadt mit einer richtig dicken Stadtmauer, ab 1240 folgte die Unterstadt, also schon früh ein Erfolgsmodell.

Ab dem 16. Jhd. hielten mit den „Kurkölnischen“ Prunk und Luxus Einzug. Der 

Letzte, der so richtig Geld investierte, war Clemens August von Bayern. Richtig, der hat auch Schloß Brühl gebaut. Aber in 1762 war im siebenjährigen Krieg alles vorbei. Seitdem ist das Schloss eine Ruine.

Danach gaben die Hessen ein kurzes Gastspiel und der Wiener Kongress teilte das Herzogtum den Preussen zu. Die haben alles ordentlich umgekrempelt, aus Berlin reichlich Beamte geschickt und für sie „Dienstwohnungen“ gebaut, gleich ein ganzes Viertel voll mit Klassizismus: Häuser, Gartenhäuschen, Kirche, eine Post und ein Casino. Arnsberg wurde Sitz einer Bezirksregierung und ist es bis heute geblieben. Hört man manchmal in den Medien…

Bleibt noch am Rande zu erwähnen, dass 1794 - mitten in den Französischen Kriegen - es dem Kölner Domkapitel zu heiß wurde und die Herren aus Köln nach Arnsberg flohen. Den Dreikönigenschrein haben sie sicherheitshalber direkt mitgenommen. Man weiß ja nie…

19. August 2022, Tag 5
Bericht  vom Tag, Teil 3
Geht man den Berg weiter hinauf, gibt es zu meiner Freude immer mehr Fachwerk. Da ist zum Beispiel das Haus Honning mit einem wunderschönen Renaissance-Portal. Im Keller sollen damals die Gebeine der drei Könige versteckt worden sein.

Oder neben einer Reihe anderer bemerkenswerter Häuser der Glockenturm (siehe Foto), heute das Wahrzeichen von Arnsberg, stammt aus dem 13. Jhd. und war mit seinen Schießscharten ein Turm der Stadtmauer. 

Kurz davor steht das Haus „Zur Krim“. Hier wohnte der berüchtigte Hexenrichter Dr. Heinrich von Schultheiß. Während seiner Zeit sind hunderte Frauen als Hexe verurteilt und hingerichtet wurden, die meisten auf dem Scheiterhaufen. Im Sauerland-Museum gibt es derzeit dazu eine Sonderausstellung. Infos zu den Hexenprozessen und viele weitere Fakten und Ausstellungsstücke sollen die Fragen klären nach dem wer, warum, wo, wieso und vor allem: wieso bis heute? Eine beeindruckende Ausstellung, die mich berührt hat.


Und morgen geht es nicht weit, nur bis Neheim. Ich darf also ausschlafen…


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20. August 2022
Tag 6:   von Arnsberg nach Neheim

Heute nach hat es geregnet, leider nur etwas. Und für gegen 10:00 und 14:00 waren Schauer angesagt. 

20. August 2022, Tag 6
Bericht  vom Tag, Teil 1
Ich habe getrödelt heute morgen, meine innere Stimme wollte das so. Als dann pünktlich der Schauer begann, kam ich gerade an der Arnsberger  „Rundsporthalle“ vorbei. Die machte auf mich keinen Eindruck, als ob sie einen Pritzker-Preis verdient hätte, aber als ich an einer offenen Tür vorbeikam und neugierig hinspinkste, machte ich große Augen. Da gab es jede Menge Rhönräder und fünf junge Damen, die gerade eine Trainingsstunde absolvierten. Ich durfte Mäuschen spielen, zuschauen und Fotos machen. 

Später habe ich dann noch etwas recherchiert und herausgefunden, dass z.B. im Juni 2011 sogar die WM in Arnsberg ausgetragen wurde und in allen Disziplinen deutsche Teilnehmer/innen auf dem Treppchen standen. Deutschland ist auch heute noch einfach die führende Nation in diesem Sport.

Es gibt Räder in verschiedenen Größen und an Tempo zu- oder abnehmen kann man durch Gewichtsverlagerung. Stabile Lederriemen, die mit dickem Filz gepolstert sind, werden um die beiden Standbretter geschnallt. Sie bilden so eine Schlaufe, unter die der Fuß geschoben wird. Das und mehr wissen rd. 5.900 Turner in D in 221 Sportvereinen. Und ich fand es hochspannend…

20. August 2022, Tag 6
Bericht  vom Tag, Teil 2
Später kam ich durch Hüsten, der eine Teil von Neheim-Hüsten. Da gibt es ein Freizeitbad mit Namen „Nass“, soweit nichts Besonderes. Aber die direkte Umgebung um das Bad herum, die hat mir doch besonders gefallen. Da gibt es eine riesige Wiese, die „Große Wiese“, die ihren Namen zu Recht trägt, mit einem ausgezeichneten Angebot an Actionspielen für groß und klein, aber auch einer Kneippanlage und einem Gradierwerk.

Gradierwerke - damit habe ich mich im vorigen Jahr auf meiner Tour eingehend beschäftigt - werden häufig als Saline bezeichnet. Eine Saline ist aber lediglich der Betrieb, in dem das Salz gewonnen wird. Die riesige Wand, aufgestapelt aus  Schwarzdorn-Reisig, über die die Sole rieselt, nennt man Gradierwerk. Da sitze ich sooo gerne, hole tief Luft und komme runter.

Dieses in Hüsten ist 40 m lang, 8 m hoch und das einzige im Sauerland. In ganz NRW gibt es mehr als 30. Sollte man nicht meinen…

20. August 2022, Tag 6
Bericht  vom Tag, Teil 3
Und dann am Ende Neheim. Es gehört zu Arnsberg und hat nicht so eine exponierte Lage. Im Jahr 1807 brannte die Innenstadt vollständig ab. Auch nichts Besonderes. Das ist vielen, wenn nicht den meistens Orten widerfahren. Allerdings waren die Neheimer moderner, was den Wiederaufbau anbelangte. Es wurde nicht auf den vorhandenen Grundrissen wiederaufgebaut, sondern anders: schnurgerade, schachbrettartig, sowas wie New York oder Mannheim, nur eben im Sauerland. Ein gescheites Foto, das ich dazu zeigen könnte, war nicht echt möglich, denn in Neheim ist Schützenfest. Daher zeige ich ein Foto vom Stadtplan am Ortseingang. Da kann man alles genau erkennen.

Und dann ist da noch der „Neheimer Dom“. Als ich die Türe öffnete, wich ich erst einmal zurück: Da spielte ein Spielmannszug in personeller Stärke wie ein Symphonieorchester. Und die bliesen in alles, wo man hinein pusten kann, mit einer bewundernswerten Inbrunst. Die Akustik in dem Dom tat ein Übriges: Gänsehaut!!!


Kurz hinter Neheim mündet die Möhne in die Ruhr. Und wo die herkommt, da fahre ich morgen hin, zur Möhnetalsperre.


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21. August 2022
Tag 7:  am Möhnesee

Heute morgen bin ich beizeiten aus den Federn, habe mal wieder draußen gefrühstückt, herrlich, und dann habe ich mich auf die nicht vorhandenen Socken gemacht…

Von Neheim-Hüsten ging’s mit der Bahn zurück bis Arnsberg - ein déjà vu -.

21. August 2022, Tag 7
Bericht  vom Tag, Teil 1
Der Bahnhof in Arnsberg ist frisch renoviert und mutet klassizistisch an, ist aber natürlich jünger. Und er teilt sich das Gebäude mit Teilen der Stadtverwaltung. Das ist m.E. eine sehr gelungene Liaison. Auch in Winterberg teilt sich die DB das Haus mit dem Bürgerbüro. Das Gebäude in Winterberg ist allerdings neu erbaut und hat 2018 sogar den 1. Preis als bester Wander-Bahnhof in NRW gewonnen. 

Als die Bahn überall Einzug hielt, waren Bahnhofsgebäude noch monumental. Heute ist das anders. Diese teilweise wunderschönen, alten Bahnhofsgebäude sinnvoll zu nutzen, scheint nicht so einfach. Die Bandbreite reicht von Privatisierung bis Abriss. Da finde ich die Lösung in Arnsberg vorbildlich und nachhaltig ist sie auch.

Von Arnsberg aus ging es weiter mit dem Bus weiter bis zum Möhnesee, wie es offiziell heißt. Ausgestiegen bin ich an einem hübschen alten Landhaus, dem „Torhaus“, mit einem zauberhaften Garten und amüsanten Figuren darin. Die Gruppe „Empfangskomitee“ - stilecht mit echtem Sektglas in der Hand - hat mich am meisten angesprochen. In dem Haus hätte ich gerne übernachtet, aber es war leider ausgebucht. Schade.

21. August 2022, Tag 7
Bericht  vom Tag, Teil 2
Von da aus runter zum See ist nicht weit, aber heute laut. Schlechtes timing. 

Die Möhnetalsperre wurde zwischen 1908 und 1913 erbaut, also in Rekordzeit. Die Gewichtsstaumauer aus Bruchsteinen ist 650 m lang und bis zu 40 m hoch. Das Fassungsvermögen beträgt 134,5 Mio. Kubikmeter und dient zur Trinkwasserversorgung des Ruhrgebiets. Besitzer und Betreiber ist der Ruhrverband. Und damit wären wir wieder beim Thema…

21. August 2022, Tag 7
Bericht  vom Tag, Teil 3
Nach ihrer Fertigstellung avancierte die Möhnetalsperre schnell zum „Hotspot“. Das Einzugsgebiet erstreckte sich bis weit in Ruhrgebiet hinein. Bötchen fahren und Souvenirs vom See waren heiß begehrt. Und wo Touristen hinkommen, wächst der Bedarf an Gastronomie und allem, was da dranhängt. Eine win win-Situation für alle Seiten. Und das ist bis heute so geblieben…

Heute schlafe ich oberhalb der Staumauer in einem Dorf, auf einem echten Bauernhof. Der sieht so aus, wie klein Moritz sich den vorstellt, mit einem alten westfälischen Bauernhaus mit Fachwerk, klugen Sprüchen am Giebel, niedrigen Decken und knarrenden Dielen. Aber ich werde unter dem Federberg versinken und schlafen wie ein Sack…

Und morgen geht’s entlang der Möhne zurück bis Neheim und dann bin ich wieder in der Spur… 


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22. August 2022
Tag 8:  von Neheim bis Fröndenberg

Heute habe ich einen lobenswerten Nachtrag zu der Doppelnutzung des Bahnhofs in Arnsberg gestern: In Wickede nutzt nicht nur die DB den Bahnhof, sondern auch die „BiB“ (Bücherei im Bahnhof) und die Stadtwerke Fröndenberg Wickede. Da kommt richtig Freude auf, wenn man sieht, wie die hier auf dem Land über den Tellerrand blicken. Ob die Tellerränder in den Städten denn sooo viel breiter sind?

22. August 2022, Tag 8
Bericht  vom Tag, Teil 1
Seit ich heute morgen Neheim verlassen habe, zeigt sich die Ruhr in einem anderen Bild: das Tal wird deutlich breiter und die Ruhr hat Auen. Hier gibt es sie zum Glück noch. Und an der Ruhr sind viele Staustufen, Wehre und Stauseen. Die meisten sind alt. Technikfans kommen auf ihre Kosten und Architekturbegeisterte haben vielleicht leuchtende Augen, aber jemand hat das existentielle Nachsehen: die Fische. Sie können nicht mehr flussaufwärts schwimmen und sterben im Extremfall aus. Die Stadtwerke Fröndenberg Wickede wollen da Abhilfe schaffen und bauen eine „Fischaufstiegsanlage“, schlicht eine Fischtreppe, damit Fische „und wirbellose aquatische Lebewesen“ sich wieder ungehindert ausbreiten und neue Flussabschnitte bevölkern können. 

Das Kraftwerk „Schwitten“ stellt auch ein solches Hindernis dar. In einem ersten Schritt wurde daher eine der parallel verlaufenden Ruhrauen, die „Kibitzwiese“, zum Naturschutzgebiet erklärt und da hinein soll nun die naturnahe Fischtreppe, die wohl eher eine langgezogene Rampe ist, gebaut werden. Von einem Aussichtspunkt wird man alles bestaunen können. Ein Grund, mal irgendwann wiederzukommen…

22. August 2022, Tag 8
Bericht  vom Tag, Teil 2
Am Ortseingang von Fröndenberg steht in meiner Karte als Sehenswürdigkeit „Sonnenuhr“ eingezeichnet. Diese archaische Art der Zeitbestimmung gefällt mir sehr. Mit etwas Nachfragen habe ich auch dahin gefunden, aber die Sonnenuhr ist nicht mehr da. Schade. Übrig ist ein trauriges Etwas, eine Art flacher runder Pool mit gemauertem Rand. 

Allerdings fiel mir - im Hinterkopf - auf dem Weg durch den kleinen Park eine Reihe merkwürdiger Gegenstände auf: eine Mischung aus einem Mülleimer und einem Basketball-Korb mit einem Fangsack aus Ketten statt Netz und das Ganze auf einem Stiel. Als ich den Park schon fast verlassen hatte, kam ich an einem Schild mit der Erklärung vorbei: „Disc Golf wird gespielt wie „normales“ Golf, allerdings nicht mit Ball und Schlägern, sondern mit einer Disc Golf-Scheibe. Und geputtet wird nicht in ein Loch, sondern in eben diese merkwürdigen Fangkörbe… usw.

Da habe ich wieder viel gelernt heute.

22. August 2022, Tag 8
Bericht  vom Tag, Teil 3
Auch Fröndenberg hat eine Ober- und eine Unterstadt. Das begann aber nicht aus strategischen Gründen so, sondern weil sich auf dem Berg ab 1230 Zisterzienserinnen ansiedelten, dem Himmel etwas näher sozusagen. Das Stiftsgebäude und die heute evangelische Stiftskirche sind im unteren Teil in Bruchsteinen gemauert und der obere Teil in Fachwerk gebaut. So etwas habe ich sehr selten so gesehen und hier stehen zwei solche Gebäude direkt nebeneinander. Die Kirche wurde im spätromanischen Stil begonnen, häufig um- und angebaut und blieb - wie bei Zisterziensern üblich - ohne großen Turm. Der wurde erst in 1903 angebaut.

Eigentlich wollte ich noch gerne in das Kettenschmiedemuseum gehen, aber das hatte leider zu. Na dann nächstes mal…

Und morgen geht’s nach Schwerte. 

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23. August 2022
Tag 9: von Fröndenberg nach Schwerte

Heute ging es viel durch die Natur, wenig an der Straße vorbei. Angenehm. Wenn es nur nicht sooo heiß wäre…

23. August 2022, Tag 9
Bericht  vom Tag, Teil 1
Seit ich gestern in Neheim das obere Ruhrtal verlassen habe, vermisse ich die vielen kleinen, oft liebevoll gestalteten Kunstwerke am Wegesrand. Um so mehr habe ich mich gefreut, auf meiner Karte „7 Zeichen an der Ruhr“ zu lesen. Nach dem Reinfall gestern waren meine Erwartungen etwas gedämpft, aber zu Unrecht. An der Brücke zwischen der Ruhrstraße/Holzwickede und dem Lenninghauser Weg/Iserlohn steht Kunst im öffentlichen Raum, die diesen Namen m.E. verdient. „7 Zeichen an der Ruhr“ hat die Künstlerin Veronika Pögel ihre Arbeit aus 1986 genannt: „zugetan dem Wasser, der Erde, der Luft, dem Tag und der Nacht und all den Dingen, die dazwischen liegen“.

Veronika Pögel ist in Dortmund aufgewachsen und studierte in Dortmund und Düsseldorf Objektdesign mit Schwerpunkt im öffentlichen Raum. Sie 

arbeitet gerne draußen, bevorzugt mit Weißblech, Stahl, Holz und Fundstücken und gerne für den öffentlichen Raum. Sie lebt und arbeitet heute im Badischen.

23. August 2022, Tag 9
Bericht  vom Tag, Teil 2
Seit ich gestern den Hochsauerlandkreis verlassen habe, lese ich auch andere Buchstaben auf den Autokennzeichen. Das HSK ist z.B. UN (für Unna) und SO (für Soest) gewichen. Und dann las ich auch noch MK, aber damit konnte ich erst einmal nichts anfangen. Im Netz wurde ich fündig: Das steht für „Märkischer Kreis“. Alle zu diesem Kreis gehörenden Gemeinden - und das sind so einige - tragen seit altersher einen Streifen mit den 3 Reihen geschachtetem Balken in rot und weiß im Wappen. So z.B. Unna und u.a. auch Meinzerhagen. Wieder was gelernt…

23. August 2022, Tag 9
Bericht  vom Tag, Teil 3
Was die Weserrenaissence für die Weser ist, das ist der Klassizismus für die Ruhr. Von dem Viertel in Arnsberg habe ich bereits berichtet. Seitdem bin ich an einer Reihe von großen und kleinen Herrensitzen und ehemaligen Adelshäusern vorbeigekommen, die in dieser Zeit um- oder neu gebaut worden sind. Gestern war das z.B. Haus Füchten und heute eben hier, Haus Villigst. 

Das repräsentative Herrenhaus versteckt sich in seinem Landschaftspark, umgeben von den beiden Torhäusern mit Säulengängen und diversen Wirtschafts- und anderen Nebengebäuden. Es wurde im frühen 19. Jhd. an der Stelle einer ehemaligen Burganlage gebaut und beherbergt heute ein evangelisches Studienwerk und Tagungszentrum. Und ich darf heute hier übernachten. In einem solchen Park sitzen, ab und zu auf die Ruhr blicken, die zum Greifen nah vorbei plätschert, und sticken… Das macht Laune!!!


Morgen soll es noch heißer werden als heute. Puh. Es geht nach Wetter - das Städtchen Wetter an der Ruhr.


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24. August 2022
Tag 10: von Schwerte nach Wetter

Zuerst möchte ich mich für den/die Fehler in meinem Artikel von gestern entschuldigen bzgl. Märkischer Kreis usw. Ich bin da deutlich korrigiert worden. Ja, ich hätte es kontrollieren müssen, aber es waren über 23 km bei 32 Grad und ich war froh, etwas zustande gebracht zu haben.

Die meisten Informationen hatte ich von einem zauberhaften Aquarell, das ich in dem Hotel gestern sah, vor allem die Geschichte um den „geschachten“ Balken aus dem Märkischen Wappen. Dieses Aquarell ist in der Art der Renaissance-Gemälde z.B. eines Hieronymus Bosch gemalt, mit vielen kleinen Symbolen, Bildern und Scenen, die alle in einem Ganzen vereint sind. Heute lebt diese Technik in den „Wimmelbildern“ der Kinderbücher fort.

So viel nur zur Erklärung, nicht zur Entschuldigung.

24. August 2022, Tag 10
Bericht  vom Tag, Teil  1
Ich bin ein absoluter NICHT-Fahrradfahrer. Ich kann es nicht einmal. In den 50ern, als ich Kind war und es hätte lernen können, gab es für Kinder und Fahrradfahrer keine Lobby. Und da ich mit der Nase auf der Schule wohnte, ergab sich nicht die Notwendigkeit und außerdem: „Das ist viel zu gefährlich für dich!“ Das hält mich aber keineswegs davon ab, heute immer wieder auf Radwanderwegen unterwegs zu sein, sehr gerne an Flüssen, so wie dieses Jahr an der Ruhr. 

In NRW - und ich habe sie auch in NL gesehen - gibt es die sog. „Radknotenpunkte“. Das ist wie radeln nach Zahlen und funktioniert hervorragend. Auf den Schildermasten oder wie die Dinger heißen, wo die Wegweiser dran hängen, stecken oben drauf rote, viereckige Schilder mit einer weißen Nummer. Auf dem Foto ist es die Nr. 38. Diese Nr. sind auch in meiner Radwanderkarte eingezeichnet und erlauben so, eine Route nach eigener Fitness und persönlichem Geschmack zusammen zu stellen.

Und wenn irgendwelche Bösewichte die Schilder demoliert, abmontiert oder mit Farbe besprüht und unkenntlich gemacht haben - bis DA oben reicht der Strahl der Sprühdose nie. Und ich weiß, wo ich bin und finde es einfach nur gut.

24. August 2022, Tag 10
Bericht  vom Tag, Teil  2
Gestern bin ich sozusagen „durch die kalte Küche“, von hintenherum, ins Haus Villigst gekommen und habe so bei den Temperaturen am Nachmittag eine Stunde gespart. Daher ging es dann erst heute über die Ruhrbrücke nach Schwerte hinein, durch die historische Altstadt und am Alten Rathaus vorbei zum Bahnhof. Gespannter Blick: nein, hier kein Sharing. Und leider sieht der Bahnhof auch so aus…

Und ja, ich habe heute geschummelt. Einen dritten Tag mit über 20 km und über 30 Grad wollte ich mir und meinem linken Knie nicht antun und bin gemütlich - eine Station - mit dem Zug nach Hagen gefahren. Da am Gleis gegenüber in einen anderen Zug - hat sogar geklappt - und nach Herdecke. Dabei fährt die Bahn über den Ruhr-Viadukt. Das hatte ich so vorher gecheckt. Toller Blick!

So hatte ich zwar einiges verpasst: Haus Ruhr, die Hohensyburg, das Kaiser Wilhelm-Denkmal, den Hengsteysee und den Blick auf das Pumpspeicherwerk Koepchenwerk. Die beiden letzten habe ich bedauert, aber zumindest Koepchenwerk habe ich vom Zug aus gesehen. Und ich habe eine „Durststrecke“ von rd. 3 Std. gespart. Gut so, es hat auch so gereicht heute.
In Herdecke konnte ich dann ganz entspannt von oben nach unten schlendern, statt von unten nach oben zu kraxeln. Dabei habe ich u.a. das „Kleine Hotel“ im schnuckeligen Bachviertel gesehen, das „auch abgesoffen ist“ (O-Ton Postbote) im Hochwasser. Und wenn es wieder fertig ist, dann… 

Bekannt ist Herdecke aber für den Ruhr-Viadukt. Begonnen wurde er im Winter 1877/78, eingeweiht am 15.5.1879. Er misst 313 Meter in der Länge, knapp 30 Meter in der Höhe und hat 12 Bögen mit einer Spannweite von je 20 Metern. Das war schon eine grandiose Leistung für die damalige Zeit. Im Krieg schwer beschädigt, ist heute alles wieder bestens in Ordnung.

24. August 2022, Tag 10
Bericht  vom Tag, Teil  3
Unter einem Bogen hindurch ging’s die letzten Kilometer an der Ruhr, hier aufgestaut zum Harkortsee, bis nach Wetter.

Wetter hatte eine trutzige Burg, die heute Ruine ist. Um die Burg herum wird wohl ein Örtchen entstanden sein - wie häufig im Mittelalter -, umgeben mit einer Mauer und dieser Bereich um die Burg herum trägt heute den Straßennamen „Freiheit“. Dieses reizende Ensemble von fünf Giebeln ist da zu finden. Und bei Stadt und Freiheit fiel mir sofort der Spruch „Stadtluft macht frei“ ein. Das könnte auch hier gepasst haben.

Wenn im Mittelalter zur Zeit der Leibeigenschaft sich ein Bäuerlein bei seinem Herrn davonstahl, ein Jahr - geduldet - in der Stadt lebte, brav arbeitete und nicht unangenehm auffiel, war er frei. Dadurch hatte er zwar noch keine Bürgerrechte, aber was Freiheit bedeutet, daran werden wir heute, am Tag der Ukrainischen Freiheit, mal wieder heftig erinnert.

Unten, in der Stadt selbst, herrschen wuchtige Bauten aus der Gründerzeit vor. Auch der Bahnhof ist aus der Gründerzeit, in dicken Bruchsteinen gebaut, in reinstem Neo-Renaissence-Stil. Zu meiner Freude entdeckte ich einen Untermieter, die Stadtbibliothek. Und der Bahnhof ist tipp topp. Geht doch…

Morgen geht’s nach Witten. Ist nicht weit.


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25. August 2022
Tag 11: von Wetter nach Witten

Heute gab es Natur pur, den ganzen Tag. Schön war’s.

25. August 2022, Tag 11
Bericht  vom Tag, Teil  1
Die Etappe von Wetter nach Witten war denkbar kurz gewählt, weil ich eigentlich in Wetter-Wengern das Museum von Henriette Davidis besuchen wollte. Aber das ist zurzeit und wohl noch bis nächstes Jahr geschlossen, weil es „auch abgesoffen ist“. Schuld dafür ist nicht die Ruhr selbst - die fließt weiter unten im Tal vorbei -, sondern vielmehr die Elbsche, sonst ein Rinnsal, beim Hochwasser unberechenbar. Die große Anzahl an teilweise recht munteren Nebenflüssen und -bächen, die der Ruhr reichlich Wasser zuführen, interessiert mich. Mal sehen, was ich dazu finde…

Henriette Davidis ist in Wengern als 10. Kind des Pfarrers geboren und war in ihrem langen Leben u.a. Hauswirtschaftslehrerin, Erzieherin und Gouvernante, vor allem aber war sie als Autorin von Kochbüchern tätig.

Da ein Besuch nicht möglich war, zeige ich einen Auszug aus ihrem Kochbuch aus Wikipedia.

Und wenn das Kleine Hotel in Herdecke wieder fertig ist

und das Davidis-Museum wieder geöffnet ist, dann…

25. August 2022, Tag 11
Bericht  vom Tag, Teil  2
Welcher Ort oder welche Person für die Gründung des Ruhrgebiets verantwortlich ist, wer es also begründet hat, lässt sich sicher nicht eindeutig festlegen. Gesichert ist aber z.B., dass in der Freigrafschaft Vollmarstein, heute nach Wetter eingemeindet, bereits 1645 ein gewisser Thönies Steinhaus Steinkohleabbau im Steinhauser Grund zum Besten der Kirche in Wengern betrieb.

Und auch Friedrich Wilhelm Harkort, der „Vater des Ruhrgebiets“, trug seinen Teil dazu bei. Er war ein früher Pionier der industriellen Revolution, ein „Macher“ würden wir heute sagen, der dabei nie die soziale Komponente aus dem Auge verlor und vor allem für die Stadt Wetter sehr viel tat. Und hätte er nicht versuchsweise in Elberfeld eine „hängende Bahn“ bauen lassen, wer weiß, ob es jemals in Wuppertal eine Schwebebahn gegeben hätte…

Diesem Menschen einmal nachzuspüren, seinen Gedanken und Vorstellungen, halte ich für gleichermaßen interessant wie aktuell.

25. August 2022, Tag 11
Bericht  vom Tag, Teil  3
Heute bin ich in Witten.

Witten ist Universitätsstadt mit u.a. einer herausragenden, preisgekrönten Fakultät für Zahnmedizin.

Und in diesem Jahr begeht es vom 2. bis 5. September die 598. Zwiebelkirmes. Das ist ein Spaß für Groß und Klein mit Umzug am Freitag, Fassbieranstich und dann - natürlich - dem unvermeidlichen Zwiebelkuchen. Den gibts nicht nur in der Pfalz. Ansonsten gibt es am Samstag den „Zwiebellauf“, bei dem die Läufer Zwiebelsäcke schleppen und rennen müssen, einzeln, in Gruppen, als Staffel… Und am ganzen Wochenende dreht sich die Kirmes für Groß und Klein mit den bekannten Attraktionen.

Meine Unterkunft liegt etwas abseits, im Stadtteil Annen. Auf dem Weg dahin stand ich nach fast 2 Wochen unvermittelt mal wieder vor einer Straßenbahn, kam durch Wohnviertel, vorbei an ehemaligen Industriegebäuden, die heute Kunst und Kultur beherbergen, und ein Stück über den „Rheinischen Esel“. 

Der Rheinische Esel erinnert an die ehemalige eingleisige Bahnstrecke der rheinischen Bahn zwischen Bochum-Langendreer und Dortmund-Löttringhausen, auch der „Rheinische Esel“ genannt. Dieser 12 km lange Radweg geht backstage an Industrie, aber auch an viel Grünem vorbei und ist eine beliebte Fahrradverbindung. Er führt teilweise über den ehemaligen Bahndamm und bietet so eine wunderbare Aussicht auf die Umgebung.

Den werde ich schon mal vormerken für eine „Tour du Pott“, eine Wanderung kreuz und quer durch das Ruhrgebiet, den Pott. So ist der Plan, irgendwann…

Morgen geht’s erst einmal nach Hattingen und mit der Fähre möchte ich fahren.


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26. August 2022
Tag 12: von Witten nach Hattingen

Seit einigen Tagen höre ich den Herzschlag des Ruhrgebietes immer lauter. Ich höre ihn, und ja - irgendwie sehe ihn auch: z.B. Flugzeuge, die zum Flughafen Dortmund fliegen. Die Städte sind größer, mehr Menschen, mehr Verkehr, mehr Industrie, mehr Lärm…

26. August 2022, Tag 12
Bericht  vom Tag, Teil  1
Das erste Highlight am Tag war der Besuch der Ruine Hardenstein mit anschließendem Übersetzen über die Ruhr mit der gleichnamigen Fähre.

Die Burg wurde um 1345 begonnen, aber bereits ab dem 16. Jh. aufgegeben und verfiel. Seit 1974 kümmern sich die „Burgfreunde Hardenstein e.V.“ um die denkmalgerechte Erhaltung. So hat der ehemalige Zwergenkönig Goldemar - der hier der Sage nach lebt und sein Unwesen treibt - noch ein Zuhause.

Die Fahrt mit der Fähre ist kostenlos, Spenden werden aber gerne entgegen genommen. Die Fähre pendelt ständig hin und her, ohne Fahrplan, und setzt auch für nur eine Person über - für mich. Tolles Gefühl.

Weiter auf der anderen Seite der Ruhr, Richtung Hattingen. Es ging um den Kemnader See herum, auf drei asphaltierten Spuren: eine für Fußgänger, die mittlere für Rollschuhfahrer und die äußere für Fahrradfahrer, deutlich gekennzeichnet. Und alle halten sich daran, na ja, fast alle.

Übrigens: Kemnader See kommt von Haus Kemnade. Und das Wort kommt von Kemenate, das wiederum von Kamin. Es bedeutet also nichts weiter als ein Haus, in dem es (mindestens) einen beheizbaren - mit Kamin versehenen - Raum gab. Wusste ich auch nicht, habe ich heute am See gelesen.

26. August 2022, Tag 12
Bericht  vom Tag, Teil  2
Gegen Mittag erreichte ich das zweite Highlight: die Diepeler Dorfkirche. Wie schon die Stiftskirche in Fröndenberg hat auch sie einen Unterbau aus Bruchsteinen aus Ruhrsandstein und einen oberen Teil aus Fachwerk. Viel mehr haben mich allerdings die Malereien im Inneren aus dem 12. bis 16. Jh. beeindruckt. Sie waren im 17. Jh. weiß übertüncht worden und sind erst in den 1950ern wieder entdeckt, später freigelegt und inzwischen konserviert worden. 

Der Organist probte gerade und ich wollte nicht noch mehr stören und habe mich daher leise davon geschlichen. Da muss ich unbedingt noch einmal hin…

26. August 2022, Tag 12
Bericht  vom Tag, Teil  3
Weiter ging’s im großen Bogen an der Ruhr vorbei, erst über die Ruhr und dann weit hinauf, nach Hattingen hinein.

Es ist nicht nur ein kluger Hattinger Werbeschachzug, nein das meine ich auch: Es ist nett hier. Das steht an vielen Schaufenstern und auf Liegestühlen, die vor den Häusern stehen und zum Verweilen einladen.

Die historische Altstadt ist teilweise so dicht bebaut, dass (zum Glück) kein Auto durchpasst und der Verkehr draußen bleiben muss. Und dann kann man sich in dem verschachtelten Gewirr von Fachwerkromantik schon verlaufen. Aber groß ist es nicht und irgendwie bin ich immer wieder am „Bügeleisenhaus“ herausgekommen und konnte mich orientieren. 

Vor dem Alten Rathaus startete gerade ein Nachtwächter als Führer mit seiner Gruppe und einen ehemaligen „Abtritt“ habe ich auch an einer Wand in der 1. Etage entdeckt. Die gab es offensichtlich nicht nur an Burgen.

Aprospos Burg: Noch etwas Interessantes habe ich heute auf einem Schild in der Altstadt über das Wort „Bürger“ gelesen. Sobald eine Gemeinde per „Befestigungsvertrag“ die Erlaubnis erhielt, einen Zaun oder sogar eine Mauer ringsherum zu bauen, wurde aus der Gemeinde eine Stadt mit einer „burg“ähnlichen Befestigung und aus den Bewohnern wurden „Bürger“.  Wieder was gelernt. Wie war das? Reisen bildet…?

Na dann, auf zur nächsten Schulstunde, morgen…. bis Essen


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27. August 2022
Tag 13: von Hattingen nach Essen

In der Nacht hatte es geregnet, die Luft war klar, die Temperatur erträglich und Petrus hatte die Straße geputzt. Alles war auf den Füßen oder im Sattel und auf dem Ruhrtal-Radweg gab es Stau.

27. August 2022, Tag 13
Bericht  vom Tag, Teil 1
Ursprünglich verband eine Fähre die beiden Ruhrufer, aber mit dem zunehmenden Verkehr wurde eine Brücke notwendig. Sie wurde 1899 - mit Genehmigung der Regierung in Düsseldorf - vom Gast- und Landwirt Ernst Eggemann geplant und gebaut. Sie bestand aus 5 spitz zulaufenden Pontons, die sich den ständig wechselnden Wasserständen anpassen konnten, und darauf lag die flache Fahrbahn. 

Die Kosten:

Person 5 Pf. (Pfennige), Pferd, Kuh, Esel, Ziehkarre 10 Pf., Schaf, Hund, Fahrrad, Schiebkarre, Kinderwagen 3 Pf., Einspänner leer 20 Pf., belastet 45 Pf., Zweispänner leer 40 Pf., belastet 90 Pf., Einspänner Kutschwagen 30 Pf., Zweispänner Kutschwagen 60 Pf., die Insassen (außer dem Kutscher) jeder 5 Pf., Blinde und Begleitpersonen sowie Geistliche und Militärpersonen frei


Das ging so bis zur Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 gut. Damals wurde die Möhnetalsperre bombardiert, der Damm brach und der Rest ist Geschichte…

Am 13. Februar 1958 wurde mit dem Bau einer neuen Ponton-Brücke begonnen und heute kostet die Überquerung nichts. Das zahlt der Steuerzahler.

Quelle: Infotafel neben der Brücke


Ein Stück weiter flussabwärts gibt es noch eine Pontonbrücke, eine Weiße, nur für Fußgänger und Radfahrer

27. August 2022, Tag 13
Bericht  vom Tag, Teil  2
Zwischen 1760 und 1780 wurde die Ruhr mit dem Bau von 16 Schleusen für den Kohletransport schiffbar gemacht. Zwischen 1855 und 1864 erfolgte eine Hauptregulierung der Ruhr durch Buhnen. Die Ruhr wurde damit zum meist befahrenen Fluss in Europa, noch vor dem Rhein, mit einer Transportleistung von 
1 Mio. Tonnen Kohle pro Jahr. Durch den Bau der mittleren Ruhrtalbahn in den Jahren 1869 bis 1876 kam sie allerdings zum Erliegen.

Erst mit dem aufkommenden Tourismus fuhren wieder Schiffe über die Ruhr.

27. August 2022, Tag 13
Bericht  vom Tag, Teil  3
Ursprünglich hatte ich geplant, auf dieser Tour jeden Abend ein Stündchen Stick-Unterricht zu geben und dafür im Gegenzug einen Quiltblock zu erbitten. Daraus sollte dann ein Quilt entstehen. Ursprünglich… Aber ich habe einen Plan B: Abends sticke ich auf ein Stückchen Leinen des Namen des Ortes, in dem ich gerade bin. Daraus soll - zusammen mit Fundstücken und vielen anderen Fakten - eine Textilarbeit von dieser Wanderung an der Ruhr werden. Und am oberen Rand wird - so wie eine Skyline - aus jedem Ort das gestickt, was ihn ausmacht, wofür er bekannt ist. Das muss nicht immer die Nr. 1 aus dem Reiseführer sein, das kann durchaus auch etwas sein, das mir persönlich wichtig ist. So z.B. gestern auf dem Weg nach Heisingen. Ich durfte bei einer lieben Schulschwester übernachten, die mich am Rand von Heisingen eingesammelt hat. Daher kam ich nicht zu Fuß in den Ort hinein, aber an einem originellen Straßenschild vorbei. Und die Ameise wird es dann. So ist der Plan…


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28. August 2022
Tag 14: von Essen-Heisingen nach Essen-Kettwig

Sonntag, bestes Fahrradwetter, noch mehr Stau… aber auch noch mehr zu sehen für mich

28. August 2022, Tag 14
Bericht  vom Tag, Teil  1
Viele Orts- oder manchmal auch Straßennamen kennt man aus den Medien, häufig aus Staumeldungen im Radio. So z.B. Essen-Kupferdreh. Woher dieser Name eigentlich gekommen ist, las ich auf einer Infotafel.

Nachdem die Ruhr zwischen Ruhrort und Witten für rd. 75 km schiffbar gemacht und die Gegend zu Preußen gekommen war, entstanden die ersten genauen Landkarten. Die waren halt gründlich. 

Bei Hinsbeck machte die Ruhr eine Kehrtwendung um fast 180 Grad, eine sog. „Drehung“ mit einer sehr hohen Wassergeschwindigkeit. Zum Schutz gegen den Aufprall der Schiffe gab es ein rd. 400 m langes Reisiggeflecht, soz. eine Leitplanke. Die Wiese dahinter war der Lagerplatz für den nahe gelegenen Kupferhammer und der Volksmund gab dieser gefährlichen Drehung den Namen „Kupperdrehe“ oder mundartlich „Kopperdreih“. 

Die Preußen verzeichneten die Drehung als „An der Kupperdrehe“, 1844 verwendet Friedrich Harkort (siehe Tag 11) auch diesen Namen. Als dann 1855 die Bahnstation in Hinsbeck eine Postexpedition bekam, wurde erstmals der Name „Kupferdreh“ amtlich verwandt. So ist das gekommen…

28. August 2022, Tag 14
Bericht  vom Tag, Teil  2
Weiter am wohl berühmtesten See der Ruhr vorbei, dem Baldeneysee. Auf dem Hügel oben drüber thront die Villa Hügel. Über sie zu schreiben, ist müßig. Aber wozu ist den nun dieser See da? Auch darüber las ich etwas auf einer Tafel. 

1933 fertiggestellt, dient er zur „…Feinreinigung des Wassers durch Sedimentation und natürliche biologische Vorgänge. Dadurch können die unterhalb liegenden Wasserwerke mit besserem Rohwasser versorgt werden“. Der Ruhrverband als Betreiber schafft mit diesem und anderen Seen Freizeitangebote am und auf dem Wasser und eine co2-freie Stromerzeugung aus Wasserkraft.

Das nenne ich mal vorbildlich.

28. August 2022, Tag 14
Bericht  vom Tag, Teil  3
Auf dem Baldeneysee, oberhalb und weiter flussabwärts habe ich jede Menge Wassersportarten beobachten können: rudern, segeln, stand-up-paddling, auch gerne mal mit Hund (siehe Foto), Tretboot fahren, surfen, manchmal auch Drachenboot rudern (oder wie sagt man da?) und natürlich fahren da gut besuchte Ausflugsschiffe rauf und runter.

Und dann sah ich da etwas, das ich mir habe erklären lassen: An hohen Gestellen, die auf dem Wasser schwimmen, hängt ein Netz, ähnlich dem eines Basketballnetzes, aber die Öffnung ist nicht waagrecht, sondern senkrecht angebracht. In kleinen Kanus flitzen je Mannschaft 5 Personen über das Wasser und versuchen einen Ball ins gegnerische Tor zu werfen. Gespielt wird 2 x 10 Minuten und der Trainer der Jungs, die da im Wasser waren, bezeichnete das als Mischung aus „Kanu fahren, Wasserball und Rugby“. Also wohl gleichermaßen kraftraubend wie rauh. 

An diesem Sonntag wurden auf dem See sogar die deutschen Meisterschaften ausgetragen. Und dann war mir klar, was ich da für ein Spektakel gehört hatte, das da von der anderen Seite zu mir herüberschall. Schon das Zuhören hat Spaß gemacht…


Heute bin ich in Kettwig und morgen laufe ich nach Mühlheim a.d.R.


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29. August 2022
Tag 15: von Essen-Kettwig nach Mühlheim a.d.R.

Ein angenehmer, „gediegener“ Tag 

29. August 2022, Tag 15
Bericht  vom Tag, Teil  1
Heute morgen beim Verlassen von Kettwig habe ich mir noch den historischen Kern angeschaut: zauberhaft. Dann ging es auf die Brücke über die Ruhr zu. Auf verschiedenen Tafeln las ich, wie in vergangenen Zeiten die verschiedenen Herrschafter mit der armen Brücke, ihren Vorläufern und den Bewohnern von Kettwig umgegangen sind, nicht zimperlich. Das ist zum Glück Vergangenheit und seit 28. Juni 1950 ist die neue Brücke samt ihrem Wahrzeichen in Betrieb: der „Kettwiger Backenzahn“. Das ist ein Kran, der am Ende der Brücke steht und an einen Portalkran für Seecontainer erinnert. Mit ihm können die Turbinen des Kraftwerks angehoben werden. Und ja, er hat wirklich Ähnlichkeit mit einem Backenzahn. Wieder etwas für die Skyline…

29. August 2022, Tag 15
Bericht  vom Tag, Teil  2
Auf der anderen Seite der Ruhr ging es weiter, Richtung Mühlheim, meinem heutigen Ziel. Aber nicht ohne eine - wie meine geliebte Omimi immer sagte - gediegene Kaffeepause, und zwar auf Schloss Hugenpoet. Ja, das hat was. 

Hugenpoet setzt sich zusammen aus den Wörtern „hugen“ für „Kröte“ und „poet“ für „Pfütze“, also eine mögliche Anspielung auf die sumpfige Umgebung. Die Anfänge des Hauses reichen bis ins 16. Jh. zurück. Die heutige Neorenaissance-Form erhielt das Anwesen 1831, als es Freiherr Friedrich Leopold von Fürstenberg erwarb. Nach einer weiterhin wechselvollen Geschichte ist es seit 1955 Hotel und Restaurant der Extraklasse und unbedingt zumindest eine „gediegene“ Kaffeepause wert. Und obwohl ich offensichtlich „on the road“ war, hat man mich höflich und freundlich bedient, mir einen Stempel in meinen Ruhrradweg-Wanderpass gedrückt und im Garten - pardon Park - eine fürstliche Latte Macchiato serviert. Das hat Spaß gemacht und wird wiederholt.

Ich habe ich dich gedacht, Omimi!

29. August 2022, Tag 15
Bericht  vom Tag, Teil  3
Mein Butterbrot habe ich dann ganz unspektakulär einige Ecken weiter auf einer schattigen Bank und mit Blick auf die Mintarder Ruhrtalbrücke gemümmelt. Hat auch geschmeckt. Laut Wikipedia ist sie mit 1.830 Metern Deutschlands längste  Straßenbrücke aus Stahl und riesig hoch. Nichts für Leute mit Höhenangst…

Der restliche Weg bis zum Mühlheimer „Wasserbahnhof“ war nicht mehr weit und auch angenehm zu laufen.

Laut der Infotafel dazu stammt der Wasserbahnhof, der „Bahnhof ohne Geleise“ aus den goldenen Zwanzigern und diente als Umsteigebahnhof für Ausflügler. Aber es gab auch einen Linienverkehr für die Arbeiter der Tyssen‘schen Werke, weil die nach Duisburg an den Rhein umgezogen waren. Damals wusste man eben, wie man das Personal bindet…


Und morgen ist schon der letzte Tag. Morgen werde ich es sehen, das Ziel des Weges, das „Rheinorange“. Ich freue mich, auch wenn etwas Wehmut mitschwingt…


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30. August 2022
Tag 16: von Mühlheim a.d.R. zur Mündung der Ruhr in den Rhein

Endspurt - Vorfreude auf das Ziel - Wehmut, dass es vorbei ist

30. August 2022, Tag 16
Bericht  vom Tag
30.08.2022, 12 Uhr, 17 Minuten und 20 Sekunden: ANGEKOMMEN !!!


Viel hatte ich über das Rheinorange gelesen, aber es übertraf doch bei Weitem meine Erwartungen. Sooo groß hatte ich es mir dann doch nicht vorgestellt.

Zitat von einer Infotafel in der Nähe:

„Die Stahlskulptur „Rheinorange“ wurde von dem Kölner Bildhauer Lutz Frisch entworfen und 1992 errichtet. An der Mündung der Ruhr in den Rhein markiert sie die Stadt Duisburg als einen der wichtigsten Stahlstandorte und verweist auf den größten Binnenhafen der Welt.“

Und Wikipedia weiß noch:

„Die Skulptur ist 25 m hoch, 7 m breit, 1 m tief und wiegt 83 Tonnen. Die Kosten von über 400.000 DM  wurden von Unternehmen gespendet.

Der Name „Rheinorange“ ist ein Wortspiel. Bei der leuchtenden Farbe handelt es sich um den Farbton RAL 2004, genannt „Reinorange“. 

Die Skulptur ist Bestandteil der Route der Industriekultur. Dort endet der 230 km lange Ruhrtalradweg sowie die „Tortour de Ruhr“, der längste Ultramarathon Deutschlands.“

Soviel zu den Fakten. 


Schön war’s, interessant, manchmal anstrengend, auch mal zu warm…

Ich habe sooo viel gesehen, noch mehr gelernt, mit interessanten Menschen gesprochen, über das Leben, übers Wandern, wieviel oder wenig man wirklich braucht und was uns wirklich glücklich macht. Ich bin es auf jeden Fall mal wieder so richtig feste viel.


28.314 Schritte waren es heute, insgesamt 453.206 Schritte und rd. 245 km, so insgesamt mit abends Städtchen ansehen und so…


Die Pläne für die nächste Tour reifen bereits in meinem kleinen Köpfchen. 

Bis dahin liebe Grüße, jetzt wieder aus Köln.

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